Zugegeben: Das Thema Toilette, Steigerungsform Schulklo, ist im ersten Moment kein Leckerbissen für die Zeitungslektüre am Frühstückstisch. Doch versprochen: Es wird weder dreckig noch anrüchig. Es ist die Geschichte einer Schule, die ihr stilles Örtchen in ein hippes Disco-Kabäuschen umgestylt hat.

Lippstadt – Die zweite große Pause steht an diesem Vormittag in der Drost-Rose-Schule bevor. Nach monatelanger Plan- und Umbauzeit ist es nun an der Zeit, das neue Disco-Klo endlich für den Pausenbetrieb freizugeben. Schulleiterin Ute Eggenstein und Schülersprecher Joshua durchtrennen das weiß-rote Flatterband und machen den Weg frei für die zwei neuen, nun ja, Schmuckkästchen. Links Jungs, rechts Mädchen. Die Schüler sind baff. Die Lehrer staunen. Als Pädagogin Barbara Jelinek durch die Tür des Mädchen-Klos tritt, jubiliert sie erstaunt wie erfreut: „G-e-i-l-o-m-a-t!“

Eine drehende Discokugel reflektiert die Lichtspots durch den Raum, ein Duftspender an der Wand versprüht einen wohligen Geruch mit leicht süßlicher Note. Es ist bunt. Dreiecke in allerlei Farben und Größen sind als Graffiti an die Wand gesprüht. Wer mag, kann während seiner Sitzung noch mal den Satz des Pythagoras durchgehen. Durch die Lautsprecher ertönt gerade über Radio der Millenium-Hit „Rock DJ“ von Robbie Williams. Die Schüler hatten sich für den WDR-Sender 1Live entschieden. „Wegen der besten Musik“, sagt Achtklässler Jan Collin. Doch es gab Empfangsprobleme, so dass jetzt erstmal Hellweg Radio läuft.

In dem etwa einen Meter hohen Spiegel kann man nicht nur die Frisur checken, sondern auch, ob die Baggy Pant gut fällt. Der Spiegel war den Schülern, die bei der Einrichtung ihre Wünsche einbringen durften, besonders wichtig. Sowohl den Jungs als auch den Mädchen. Das wird bei einer kleinen Umfrage klar. Grünpflanzen stehen auf der Ablage über den Waschbecken. Und wer nicht weiß, wo er hier gelandet ist, für den hat der Lippstädter Graffiti-Künstler Philipp Uthmann noch mal die Worte „Disco, Disco“ an die Wand gesprüht.

Wie in jeder Verwandlung zum schönen Schwan ist am Anfang ein hässliches Entlein. Die Klos waren in einem desolaten Zustand. Wie in fast jeder Schule galten sie auch hier als der optische Brennpunkt. Die Wände beschmiert, an den Decken pappt nasses Klopapier, die Türen sind aus den Angeln gehoben und hängen auf Halbmast, die Klobrillen mutwillig zerstört. Es gab Schüler auf der Drost-Rose-Schule, die haben extra wenig getrunken, damit sie hier bloß nicht aufs Klo müssen.

Die Schulleiterin Ute Eggestein wollte das Dauerärgernis nicht einfach verdrängen. Sie gibt die Worte „Toilettenproblem“ und „Schule“ in der Internetsuchmaschine Google ein und findet eine Realschule in Münster, deren aufgehübschte Toilette schon einige Preise abgeräumt hat. Eggenstein besucht die Schule, nimmt Ideen mit und entwickelt gemeinsam mit einem Lehrer-Team, der Schüler-Vertretung und dem städtischen Fachdienst Gebäude ein Konzept, wie mit überschaubaren Budget und Eigenleistung der Schüler die Toiletten umgestaltet werden können.

Mit der Fertigstellung hat sich nicht nur an der WC-Anlage gravierendes geändert, sondern im besten Fall auch in den Köpfen der Schüler. Die sind nun selber dafür verantwortlich, dass es schön bleibt. Es wurde eine Toiletten-Wächter-AG gegründet, der 23 Schüler angehören. In den großen Pausen patrouillieren zwei von ihnen in den Disco-Klos. Wenn ein Zehntklässler Ärger macht, wird die Pausenaufsicht geholt.